Am 9. August 2024 besuchte der Geschichtsverein Bedburg mit 32 Mitgliedern die im 11. Jahrhundert belegte Gründungslegende der ezzonischen Kirchen- und Klosterstiftung in Brauweiler. Unter der fachkundigen Führung von Frau Margret Zander-Maaß wurden uns bei einem Rundgang durch die Klosterkirche St. Nikolaus, die Abtei mit Kapitelsaal und Kreuzgang, den gepflegten Hofgarten und die Parkanlagen sowie den Königssaal die geschichtlichen Hintergründe erläutert.
Der lothringische Pfalzgraf Ehrenfried genannt „Ezzo“ und seine Frau Mathilda, Tochter des Kaiser Ottos III. und der Byzantinerin Theophanus, stifteten die Kirche als Grablege für ihre eigene Familie. Der Legende zufolge offenbarte sich Mathilde im Traum unter einem Maulbeerbaum eine göttliche Vision, welche sie inspirierte, auf dem Brauweiler Hofgut ein Kloster zu stiften. Die erste um 1025 von Ehrenfried und Mathilde gestiftete Klosterkirche wurde im Jahre 1048 durch deren Tochter Richeza, die als Witwe des polnischen Königs Mieszko II. nach Brauweiler zurückkehrte, durch einen Neubau ersetzt.
Mitglieder des Vereins im Innenhof
1028 wurde das Kloster durch Erzbischof Pilgrim geweiht und ab 1030 mit dem Mönch Ello aus St. Maximin in Trier als erstem Brauweiler Abt besetzt. Nach einer kurzen Bauzeit wurde 1051 die Krypta und 1061 die Oberkirche zu Ehren des Heiligen St. Nikolaus und St. Medardus durch den Kölner Erzbischof Anno II. geweiht. In dem Neubau der Kirche fanden das Stifterpaar Ehrenfried und Mathilde ihre Ruhestätte, wenngleich Richeza nach ihrem Tod 1063 nicht in der Krypta der Klosterkirche St. Nikolaus, sondern von Erzbischof Anno II. In St. Maria in Köln beigesetzt wurde.
Im 19. Jahrhundert wurden die Gebeine Richezas in den Kölner Dom übertragen, wo sie sich bis heute in einem Epitaph in der Johanniskapelle im Ostchor befinden. Nach nur wenigen Jahrzehnten wurde die unter Richeza gebaute Abteikirche ab 1136 grundlegend erneuert. In die Bauzeit von 1136 bis 1225 fällt auch der Bau der sogenannten dritten Brauweiler Kirche sowie der Neubau der Klosteranlage. Abt Aermilius stiftete den Neubau des Kapitelsaals, welcher in dem mittelalterlichen Kloster im Ostflügel des Kreuzganges lag und Versammlungs- und Beratungsraum des Konvents war. Der Kapitelsaal wurde 1095 von den im Kloster lebenden Mönchen reich mit Fresken ausgemalt und ist ein einzigartiges Beispiel romanischer Monumentalmalerei des Rheinlands.
Kaisersaal
Im Verlauf der Geschichte war eine große Anzahl verschiedener historischer Persönlichkeiten zu Gast in Brauweiler. Dazu gehörte der Mystiker und Mitbegründer des Zisterzienserordens Bernhard von Clairvaux. Er kam 1147 in die Abtei, um den adeligen Teil der Bevölkerung zur Beteiligung am zweiten Kreuzzug aufzufordern. Auch der Gelehrte und Kirchenlehrer Albertus Magnus kam 1274 in die Benediktinerabtei und weihte einen Altar in der Klosterkirche.
Das Jahr 1547 markiert ein wichtiges Datum in dem Bestehen der Abtei. Es war das Jahr, in dem Kaiser Karl V. der Abtei das Recht zur Führung eines besonderen Wappens verlieh. Das vom Kaiser verliehene Wappen der Abtei Brauweiler zeigt einen schwarzen Adler auf silbernem Hintergrund, welcher einen goldenen Abtsstab hält. Einzelne Äbte nutzten dieses Wappen, indem sie über der Brust des Adlers ihr eigenes Wappen hinzufügten.
Die Abtei war im Verlauf ihrer Geschichte ständigem Wandel unterlegen. Ende des 18. Jahrhunderts plante der Abt Anselm Aldenhoven die Erneuerung der Abtei. Er beauftragte den Architekten Nikolas Lauxen, den mittelalterlichen Gebäudekomplex zu erweitern und zu barockisieren. Ein pompöser und prestigeträchtiger Bau eines Klostergebäudes zeigte sich als wirkungsvolles Symbol der kirchlichen Macht. Bis heute repräsentieren die von Lauxen umgesetzten barocken Erweiterungen die Abtei und heben sie in ihrer Bedeutung hervor.
1794 zogen die französischen Revolutionstruppen in das Rheinland und besetzten es. Brauweiler wurde französisch.1802 wurden auf Erlass des französischen Staates alle Klosterbesitzungen verstaatlicht. Auch in Brauweiler wurde das Kloster aufgelöst und die Mönche vertrieben.
Nur wenige Jahre später wurde in den vorhandenen Gebäuden eine sogenannte Bettleranstalt (1809 - 1815) eingerichtet. Bereits zum Ende der mönchischen Zeit in der Abtei Brauweiler war diese ein Anlaufpunkt für Bettler*innen und Landstreicher*innen. Menschen, die Hilfe benötigten, konnten einen Tag und eine Nacht in der Abtei unterkommen. Ringsum Köln gab es mehrere Klöster, so dass die Nichtsesshaften immer wieder Anlaufstellen für eine Übernachtung fanden.
Nach der Vertreibung der Franzosen aus dem Rheinland übernahm 1815 die preußische Verwaltung die Bettleranstalt und erweiterte sie zur „Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler“.
Die Arbeitsanstalt Brauweiler hatte einen besonders schlechten Ruf. Die Worte “Ab nach Brauweiler“ kennt die ältere Generation aus der Umgebung teilweise heute noch. In der Arbeitsanstalt Brauweiler wurden Obdachlose, Landstreicher, Prostituierte und Spielsüchtige zwangsweise inhaftiert. Die Inhaftierten sollten durch Arbeit diszipliniert und zu produktiven Mitgliedern der Gesellschaft umerzogen werden. Auch gab es Sonderabteilungen für Alkoholkranke, psychisch Kranke sowie schwer erziehbare Jugendliche.
1873 ging die Anstalt nach der Deutschen Reichsgründung vom preußischen Staat in den Besitz des rheinischen Provinzialverbandes über. Um 1910 war die Anstalt mit 1100 männlichen und ca. 200 weiblichen Insassen fast vollständig belegt. 1938 dienten Gebäude der Arbeitsanstalt als Durchgangslager für Juden aus dem Rheinland. Während der Reichspogromnacht 1938 wurden etwa 600 jüdische Menschen aus dem Rheinland für einige Tage in Brauweiler inhaftiert, bevor sie nach Dachau deportiert wurden.
Kreuzgang, Blick zur Mariensäule
In den Kriegsjahren (1939-1945) war Brauweiler Inhaftierungsort für verschiedene Widerstandsgruppen. Hierzu zählten u.a. auch Mitglieder der Kölner Edelweißpiraten. Jugendliche, die sich der Hitlerjugend verweigerten. Sie wurden in Brauweiler verhört, inhaftiert und teilweise von hier aus in Jugend-Konzentrationslager deportiert. 1944 wurde in Brauweiler das Gestapokommando Kütter eingerichtet. Hauptopfer des Kommandos waren osteuropäische Zwangsarbeiter*innen. Viele der Häftlinge wurden misshandelt, manche starben an den Folgeschäden der unmenschlichen Lebensbedingungen, begingen Selbstmord oder wurden zur Exekution nach Köln überstellt.
Der wohl berühmteste Insasse des Gestapo-Gefängnisses war Konrad Adenauer. Er war 1944 im Rahmen der „Aktion Gewitter“ festgenommen worden. Ein Wärter riet Adenauer sich krank zu stellen. Daraufhin wurde er in ein Kölner Krankenhaus überführt. Mit Hilfe eines Freundes gelang ihm die Flucht aus einem Krankenhaus in Köln. Unter falschem Namen konnte er sich im Westerwald verbergen. Aus Dankbarkeit spendete Adenauer ein Kirchenfenster, das heute in der Klosterkirche St. Nikolaus mit seinem Porträt eingebracht ist. Die Gestapo nahm daraufhin seine Frau Auguste, genannt Gussie, fest und zwang sie, den Aufenthaltsort ihres Ehemannes preiszugeben. Man Drohte damit, ihre Töchter festzunehmen. Sie war 10 Tage in Brauweiler im Frauenhaus inhaftiert und unternahm dort einen Suizidversuch. Sie konnte gerettet werden, litt aber bis an ihr Lebensende 1948 an den Folgen.