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Bedburger
Erbfolgekrieg und Religionswirren

Heinz-Toni Dolfen




Im 16. Jahrhundert kam es mithilfe Luthers zur Reformation der Kirche. Durch Spaltung in Anhänger und Gegner der Reformation gab es schwerwiegende Spannungen, die letzthin in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) mündeten.

Das Rheinland - sowie und somit auch Bedburg - war seit fast einem dreiviertel Jahrtausend katholisch. Der Kölner Erzbischof und Regent des Landes war der Garant für diese Stabilität. Die Leute konnten es kaum fassen, denn ihr Weltbild wurde quasi über Nacht auf den Kopf gestellt. Ihr Herr, der Herr zu Bedburg, entließ alle katholischen Pfarrer und setzte stattdessen evangelische Pfarrer ein. Wie konnte es so weit kommen?

Der Bedburger Regent Graf Hermann von Neuenahr, Herr zu Bedburg, Abkömmling der Kölner Erbvögte von Heppendorf, hatte eine gute Ausbildung erhalten und war dem Humanismus (dieser stellt den Menschen in den Mittelpunkt) sehr zugewandt. Der Humanist Johannes Caesarius bildete ihn aus. Auf seinem Schloss in Bedburg debattierte er mit Erasmus von Rotterdam, der 1518 fünf Tage in Bedburg weilte, und er wurde ein Anhänger von Martin Luther. Das Bedburger Augustinerkloster neigte schon früh zum Luthertum (1529), weil es Verbindungen zu Luther und nach Weimar gab.


Graf Hermann von Neuenahr, Herr zu Bedburg


Seine Auffassung von Religion setzte Graf Hermann von Neuenahr in die Tat um und erließ in seinem Herrschaftsbereich, und somit auch in Bedburg, die lutherische Kirchenordnung (1560/61). Der erste evangelische Gottesdienst in Bedburg fand im Jahr 1566 statt, wahrscheinlich schon früher, denn in Kaster und in Lipp sind Gottesdienste seit dem Jahr 1560 bekannt. Ab 1571 wurden mehrere Synoden (Versammlungen) in Bedburg abgehalten und der Ort entwickelte sich zum evangelischen Zentrum in der Jülichen Herrschaft. In den einzelnen Kirchengemeinden setzte man die katholischen Pfarrer vor die Tür und ersetzten sie durch evangelische Pfarrer. Für die katholischen Pfarrer begann eine harte Zeit, denn sie waren auf Erträge des Kirchspiels angewiesen, die nun entfielen.

Ein Kölner Ehepaar kam 1566 nach Bedburg und ließ sich hier evangelisch trauen. Ihr erstes Kind erhielt zwei Jahre später die Taufe durch einen Bedburger Pfarrer. Es ist aktenkundig, dass drei evangelische Pfarrer im Jahr 1573 mit ihrer Familie in Bedburg wohnten. Im gleichen Jahr, so wurde festgehalten, gab es in Bedburg keinen katholischen Gottesdienst mehr.

In den letzten Lebensjahren hatte der Graf Hermann mit schweren Krankheiten zu kämpfen. Hermann von Weinsberg hielt in seinem Buch fest, dass der Graf gerne und reichlich Bier und Wein trank. Ob dies die Spätfolgen eines übermäßigen Genusses waren, ist nicht bekannt. Graf Hermann von Neuenahr verstarb kinderlos im Dezember 1578 auf dem Schloss Bedburg.

Sogleich entbrannte eine Auseinandersetzung um die Herrschaftsansprüche über die Herrlichkeit Bedburg. Graf Adolf von Neuenahr als auch Graf Werner von Dyck und Salm-Reifferscheid meinten, ihnen stünde Bedburg als legitimes Erbe zu. Bereits einen Tag nach dem Tod von Hermann stand Graf Adolf von Neuenahr um sieben Uhr in Bedburg und verkündete seinen Machtanspruch. Das ließ er sich von den Bedburger bezeugen. Graf Adolf wurde dem protestantischen Lager zugeordnet. Graf Werner, der auf der katholischen Seite stand, erschien schon fünf Tage später mit bewaffneten Reiter und Fußvolk vor den Toren der Stadt und nahm sie ein. Nun übernahm er die Herrschaft. Graf Werner konnte sich aber nicht lange seiner Herrschaft erfreuen.


Graf Adolf von Neuenahr


Ein halbes Jahr später tauchte Graf Adolf von Neuenahr mit seinen protestantischen Truppen vor Bedburg auf. Gegen diese Übermacht hatte Graf Werner von Dyck keine Chance. Er wurde festgesetzt und ging für zehn Monate in Gefangenschaft.

Der Kölner Erzbischof, bis dato Garant des hiesigen katholischen Glaubens und Diener des Papstes war der Kurfürst Gerhard Truchsess von Walburg. Ein Jahr vor Graf Hermanns Tod im Jahr 1577 war er zum Kölner Erzbischof gewählt worden. Gräfin Agnes von Mansfeld, eine protestantische Stiftsdame aus Düsseldorf, war die Auserwählte des Kölner Erzbischofs. Kurfürst Gerhard wollte die Gräfin heiraten und zum Calvinismus übertreten. Ein Paukenschlag im erzkonservativen Rheinland.

Es gab Warnungen seitens des Kölner Domkapitels, vom Kaiser und vom Papst und man verband damit die Erwartung, dass bei Vollzug der Heirat und Religionswechsel der Erzbischof von seinem Amt zurücktrat. Aber Gerhard ließ dies alles kalt, am 2. Februar 1583 vermählte er sich in Bonn. Gleichzeitig ließ er an allen Kirchentüren und Stadttoren eine Erklärung aushängen. Darin bekannte er sich nun öffentlich zur Trennung von der katholischen Kirche. Er versprach Religionsfreiheit für alle. Ein Rücktritt vom Amt kam für ihn nicht in Frage und das erzeugte Widerstand vor allem in Köln vom dortigen Domkapitel.

Der Papst erstellte eine Absetzungsbulle gegen Gerhard, worauf Ernst von Bayern als neuer Kölner Erzbischof gewählt wurde, was Gerhard nicht hinnahm. Jetzt kam es zur Konfrontation.

Bayerische Truppenverbände stießen ins rheinische Land vor und ein offener Krieg entbrannte. Im Jahr 1584 überrannten die katholischen Truppen des Kurfürsten Ernst von Bayern den Ort Bedburg. Die Burg zu erobern dauerte etwas länger. Als die Burg kapitulierte war die Herrschaft Bedburg wieder in der Hand eines katholischen Erzbischofs. Bedburg wurde dabei schwer beschädigt.

Belagerung Bedburg
Belagerung Bedburg im Jahr 1584


Dieser „Kölner Krieg“, auch „Truchsessischer Krieg“ genannt, dauerte von 1582 bis 1589. Graf Adolf von Neuenahr schloss sich den protestantischen Holländern an und verstarb bei einer Pulverexplosion in Arnheim am Ende des Kölner Kriegs 1589.

Graf Werner von Dyck und Salm-Reifferscheid erhielt erneut Bedburg als Lehen (erbliches Nutzungsrecht). Er verbot daraufhin alle evangelischen Gottesdienste in Bedburg. Nun passierte genau das Gegenteil, alle evangelischen Pfarrer wurden kurzerhand entlassen und die katholischen kehrten, sofern noch hier ansässig, wieder in ihre Pfarrei zurück.

Für die Bevölkerung gab es auch danach keine Ruhe, bereits fünf Jahre später fielen die Holländer in die Erftgegend ein und der Dreißigjährige Krieg kündigte sich schon an.

November 2021

Quellen:
Braubach Max; Ernst, Herzog von Bayern
Kirchhoff, Hans Georg, Braschoß Heinz; Geschichte der Stadt Bedburg
LVR; Rheinischer Städteatlas Bedburg
Schmitz, Kurt Dr.; Die Geschichte Gleschs
Verein der Heimatfreunde von Niederaußem und Auenheim e.V.; Kloster Frauweiler, Heimatblätter Heft 21
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v4697433