Gedenktafeln zum Jüdischen Leben in Bedburg





Foto (v.l.n.r.): Konrad Bludau, Heinz Obergünner, Bürgermeister Sascha Solbach, Franz J. Inden, Hermann Jürgen Schmitz, Jürgen Schmeier © Stadt Bedburg

Am 07. September 2020 kamen Franz J. Inden und Konrad Bludau, Vertreter des Geschichtsvereins, mit ihrem Vorsitzenden Heinz Obergünner, Stabsstellenleiter „Kulturmanagement“ Hermann Jürgen Schmitz sowie Stabsstellenleiter „Soziale Stadt“ Jürgen Schmeier mit Bürgermeister Sascha Solbach am jüdischen Friedhof in Bedburg zusammen, um die im letzten Jahr zum 09. November (Reichspogromnacht) bei der Begehung der Innenstadt festgelegten drei neuen Standorte für Gedenktafeln zum jüdischen Leben in der Nazi-Zeit anzubringen. Dabei handelt es sich um die ehemaligen jüdischen Mitbürger Jakob Levy, Albert Franken und Hans Sabel.

Auf den über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderten Gedenktafeln sind folgende Zeilen zu lesen:

JAKOB LEVY

wurde das erste Opfer der Judenverfolgung in Bedburg. Bis zu seiner Verhaftung lebte er als Kaufmann in der Stadt. Wegen eines angeblichen Verhältnisses zu einer Nicht-Jüdin wurde er denunziert und unter dem Vorwurf der Rassenschande verhaftet. Am 9. Juli 1938 nahm Jakob Levy sich hier im Gefängnis nach einer Vernehmung im Bürgermeisteramt das Leben. Sein Grab ist das letzte, das auf dem jüdischen Friedhof angelegt wurde. (Levy am Friedhof, Franken am Rathaus, Sabel an der Brücke)

ALBERT FRANKEN

Sohn einer angesehenen Kaufmannsfamilie, lebte hier mit seiner Mutter, bis er nach der Pogromnacht 1938 ins Konzentrationslager Dachau deportiert wurde. Mitglieder der SA hatten in der „Kristallnacht“ sämtliche Fensterscheiben dieses Gebäudes eingeworfen und die kostbare Einrichtung zerstört. Zuvor hatte man das Gebäude samt Inneneinrichtung unter Denkmalschutz gestellt, so dass es dem Kaufmann nicht möglich war, seinen Besitz zu verkaufen. Von der NSDAP wurde er genötigt, sein Vermögen abzutreten und mittellos nach Palästina auszuwandern.

HANS SABEL

Der Sohn des damaligen Bedburger Organisten studierte Musikwissenschaft und wurde 1962 zum Professor für Musik in Trier ernannt. Mit HANS MÜNCHHAUSEN verband ihn eine lange Freundschaft, die die Zeit der Judenverfolgung überdauerte und über das Jahr 2000 hinausreichte. Münchhausen, Neffe des jüdischen Kaufmanns Albert Franken, verbrachte häufig die Schulferien bei seinem Onkel in Bedburg. Regelmäßig war er dann bei der Familie Sabel mit ihren acht Kindern zu Gast. Er verließ seine Heimatstadt Oberhausen als 17-Jähriger kurz vor der Machtergreifung durch die Nazis. In Israel nahm er den Namen Naftale Meiri an.


Eine ganz besondere Geschichte verbindet Bedburg mit Israel. So ist das jetzige Rathaus am Marktplatz in Bedburg von den Nazis vom 09. auf den 10. November 1938 gestürmt worden und die darin wohnende Familie Franken ohne Entschädigung enteignet und vertrieben worden. Dieses Schicksal wirkt bis in die heutige Zeit nach, wenngleich auch in den 50er Jahren die heutige Eigentümerin, die Stadt Bedburg, eine Entschädigung an die Familie zahlte. Als im Jahr 2002 die Nachkommen Albert Frankens Bedburg und das ehemalige Wohnhaus besuchten, wurde deutlich, welche Kluft durch die Ereignisse des Jahres 1938 zwischen den beiden Völkern entstanden war. Dennoch sagte der Mann der Enkelin von Albert Franken, er versuche heute eine Brücke der Verständigung zu bauen, die man festigen müsse. Diese Botschaft hat auch Bürgermeister Sascha Solbach vernommen und bereits begonnen, diese Brücke der Verständigung zu bauen. So laufen aktuell schon Annäherungen für eine dauerhafte Städtepartnerschaft nach Israel.

Dem Vorsitzenden, Heinz Obergünner, war es besonders wichtig, nochmals auf die deutsche Geschichte der Zeit von 1933 bis 1945 hinzuweisen, die gerade heute wieder sehr aktuell im politischen Geschehen reflektiert werden muss. In diesem Zusammenhang erwähnte er das Reichsbürgergesetz von 1935. Dabei wurden die jüdischen Mitbürger bereits ihrer Staatsbürgerrechte beraubt und durch die Definition des Reichsbürgers als alleinigen Träger der vollen politischen Rechte erniedrigt und vom sozialen und kulturellen Leben ausgeschlossen. In der besagten Reichskristallnacht brannten in ganz Deutschland die Synagogen und jüdische Geschäfte wurden zerstört, so auch in Bedburg.

„Das Beispiel der Familie Franken zeigt die große Brutalität des Nazi-Regimes auf und ist eine Warnung an uns alle, bereits den Anfängen von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit mit Courage zu begegnen“, so Bürgermeister Solbach. Weltweit sei heute wieder zu beobachten, wie unter den Augen der freien demokratischen Welt autokratisch und diktatorisch regierte Länder Andersdenkende und oppositionelle Bewegungen unterdrücken und sogar mit Gewalt bekämpfen. „Da müssen wir genau hinschauen und Mut beweisen, damit unsere Enkel noch in Freiheit leben können.“

Alle, die sich aktiv einbringen möchten, können dies als Gruppe, Verein oder auch einzeln tun. Leiter der Stabsstelle Soziale Stadt, Jürgen Schmeier: „Die Stadt Bedburg erhält seit 2018 Fördergelder über das Bundesprogramm „Demokratie leben!, die von der Stabsstelle Soziale Stadt beworben werden, um in unserer Stadt demokratische Strukturen zu stärken und unsere Gesellschaft zu unterstützen, weltoffen und tolerant zu bleiben“.

Quelle: Stadt Bedburg