Urkunde aus Bedburger Stadtmauer entschlüsselt

Alter Kaufvertrag aus dem 16.JH.


Wilma und Ludwig Kraus

Ludwig und Wilma Kraus vor der Rückseite der Backstube, die aus einem Stück der alten Stadtmauer besteht.

Foto Norbert Kurth
Bedburg Das Café Kraus ist schon alt, sehr alt. Inzwischen wird es in vierter Generation geführt. Schon 1996 feierte die Familie das 100-jährige Bestehen des Familienbetriebs. Die Geschichte des Hauses, in dem sich das Café an der Graf-Salm-Straße befindet, ist noch sehr viel älter.

Eine Urkunde, die Peter Kraus schon im Jahre 1959 hinter der Backstube im Mauerwerk fand, weist auf das Jahr 1559 hin. Der Kaufvertrag, den Kraus damals bei Renovierungsarbeiten entdeckte, steckte in einem Rest der Bedburger Stadtmauer, direkt an der Kleinen Erft. Dass es sich um einen Kaufvertrag handelt, und dass es dabei um ihr Haus ging, das erfuhr die Familie aber erst viel später.

1964 übernahmen Ludwig Kraus und seine Frau Wilma die Bäckerei und Konditorei im Herzen der Schlossstadt. Beide wussten von der Urkunde, aber niemand konnte die leicht verblasste Schrift entziffern.

Immer wieder gab es Versuche, das Dokument zu entschlüsseln. „Wir haben es oft probiert“, sagt Wilma Kraus, „sind aber nicht weitergekommen.“ Schließlich hatte Heinz Obergünner, Vorsitzender des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Bedburg, nach einem erneuten Versuch eine Idee. Er nahm Kontakt mit der Uni Köln auf. Dort wurde ihm die Kunsthistorikerin Elisabeth Schläwe empfohlen.

Die war aber nicht in Köln, sondern hielt sich am Deutschen Institut in Paris auf. Obergünner schickte das Stück uralten Pergaments nach Rücksprache mit Frau Schläwe nach Paris und bekam alsbald eine Transkription des Textes. „Aber auch beim Lesen dieses Textes hatte ich noch Schwierigkeiten, ihn zu verstehen.“

Obergünner gab nicht auf. Er nahm die Transkription und eine sehr gute Kopie des Originaldokuments und fuhr damit zum Bergheimer Stadtarchivar Heinz Andermahr. „Heraus kam dann ein lesbarer Text“, erinnert sich Obergünner voller Freude. Denn jetzt kann die Urkunde in die Stadtgeschichte eingeordnet werden.

Der Besitzer des Hauses war im Jahre 1559 ein Hermann Graf von Neuenahr. Dieser war auch „Herr zu Bedbur“ und schloss den Kaufvertrag mit einem Wilhelm Effarz und dessen Ehefrau Gertrud. Das Haus an der heutigen Graf-Salm-Straße bekamen sie „im Tausch gegen ihr Erbe und Gut, das in der Nähe des Schlosses Bedburg liegt“.

Um welches Gut es sich gehandelt haben könnte, vermag der Heimatforscher Obergünner nicht zu sagen. Ganz sicher aber ist für ihn, dass das Haus, in dem heute das Café ist, eines der wenigen war, die dort Mitte des 16. Jahrhunderts überhaupt gestanden haben – auch wenn es damals sicher kleiner war als heute. Mithin ist die Backstube, in der sich die Reste der alten Stadtmauer an der Seite zur Kleinen Erft hin befinden, eines der ältesten Gebäude in Bedburg überhaupt.
Heinz Obergünner hat eine sehr gute Kopie der uralten Kaufurkunde.

Das Original ist im Besitz der Familie Kraus.
Heinz Obergünner mit Karte
Foto Norbert Kurth

Wie es vor 450 Jahren in der heutigen Bedburger Innenstadt und in der Umgebung ausgesehen hat, kann Obergünner recht genau sagen. „Es gab zum Beispiel zu dieser Zeit die Kirchen noch nicht“, sagt er. Weder Bedburg, Bergheim noch die Jülicher Herrschaft Kaster habe eine gehabt. In Kaster habe es nur eine Kapelle in der Burg gegeben. Lediglich in Lipp habe ein Gotteshaus gestanden.

Wie eng die Wehrmauer um die wenigen Häuser von Bedburg gezogen war, zeigt das Restmauerwerk an der Backstube des Cafés. Das wird nun in vierter Generation von Sohn Ferdi Kraus und Tochter Stefanie Wieder geführt.

Der 80-jährige Ludwig Kraus hat die wertvolle Urkunde derzeit in seinem Besitz. Er und Obergünner denken darüber nach, sie später einmal, wenn der Anbau am Kasterer Rathaus steht und dort ein Archiv eingerichtet wird, der Stadt zu vermachen. Und da wäre sie dann ein ganz besonderer Schatz. „Denn Urkunden, die vor dem 30-jährigen Krieg entstanden sind, dürfte es kaum noch geben“, sagt der Heimatforscher.

Mit freundlicher Genehmigung des Kölner Stadt-Anzeiger



Urkunde aus Bedburger Stadtmauer, 2017