Das damalige Schweigen


Ergreifende Szenen auf dem jüdischen Friedhof und im Schloss Bedburg

Konrad Bludau


Eine seit langem verschollene Grabtafel vom Grabstein Hermann Franken wurde aufgefunden. In Zusammenarbeit mit dem Verein für Geschichte und Heimatkunde Bedburg e.V. wurde die nach 60 Jahren wiedergefundene und neu eingesetzte Grabtafel im Beisein der Nachfahren auf dem jüdischen Friedhof gewürdigt.

Am 26.07.2022 empfing die Stadt Bedburg eine kleine Delegation aus der Stadt Pardes Hanna-Karkur, zu der Bedburg seit dem 16. Dezember 2020 eine Städtepartnerschaft verbindet. Gleichzeitig sollte auch die Städtepartnerschaft und damit die Begegnung mit den Städtepartnern auf dem Schloss Bedburg stattfinden, da eine Präsenz während der Corona-Pandemie nicht möglich war.

Neben der kleinen Delegation der Vorfahren wurde auch ein größeres Tanzensemble aus Tel Aviv namens Hora Aviv und Vertreter aus Halver, die seit Jahren eine Tanzpartnerschaft mit Pardes Hanna-Karkur pflegen, herzlich begrüßt und empfangen.


Am Grab von Hermann Franken.
Beim Umzug in das neue Archiv des restaurierten Rathauses in Kaster stieß der Archivar Bastian Möller auf die bronzene Grabtafel, ohne zu wissen woher sie stammte. Auf Einladung des aufgeschlossenen Archivars besichtigte der Vorstand des Geschichtsvereins Bedburg die neuen Räume im Archiv. Dabei fand der Vorsitzende Herr Heinz Obergünner durch Zufall die erwähnte Bronzetafel mit der hebräischen Inschrift. Sein Spürsinn brachte ihn auf die richtige Fährte zum jüdischen Friedhof in Bedburg und somit zu einem fehlenden Puzzleteil einer Aussparung im Grabstein von Hermann Franken geb. 11.August 1851, verstorben 29. Februar 1916.

Die Bronzetafel wurde fotografiert und dem Landschaftsverband Rheinland mit der Bitte um Übersetzung der hebräischen Inschrift vorgelegt. Nach kurzer Zeit stand das Ergebnis fest. „Auf Deine Hilfe hoffe ich, Allmächtiger“, so wurde die Inschrift übersetzt.

Die eingeladenen Verwandten Hannah Monin, Tochter Daphna Arditi und Yossi Meiri der verstorbenen Vorfahren sowie Bürgermeister Sascha Solbach , Ehrenbürger der Stadt Bedburg und der Vorstand des Geschichtsvereins nahmen am Zeremoniell der aufgefundenen und wieder hergestellten Grabtafel in beeindruckender Weise teil. Was zusammengehört ist wieder zusammengeführt, so u. a. die ergreifenden Worte von Herrn Solbach.

Herr Obergünner berichtete über das Leben und Schaffen der verstorbenen jüdischen Mitbürger und die schrecklichen Folgen der Kristallnacht im November 1938.


Anwesende Teilnehmer.


Redner Obergünner mit Bürgermeister Solbach.


Drei junge Mädchen aus dem Tanzensemble Hora Aviv sangen und tanzten zu Ehren der jüdischen Verstorbenen und setzten in gefühlvoller Weise nach Abschluss der gemeinsam gesungenen israelischen Nationalhymne einen würdigen Schluss.


Tanzensemble Hora Aviv auf dem Friedhof.


Yossi Meiri
Yossi Meiri, der als Brückenbauer und Ideengeber des offiziellen Städte-Partneraustausches angesehen wird, freute sich über zukünftige Gemeinsamkeiten und Freundschaften.

Im Rittersaal des Bedburger Schlosses wurde unter zahlreichen Gästen die neue Partnerschaft mit der Stadt Pardes Hanna-Karkur unter großem Applaus nochmals bestätigt.

Die älteste Teilnehmerin, Frau Hannah Monin, Tochter von Josef Franken, verzieh als 95 jährige den Nazi-Schergen ihr Tun und somit das Unrecht der vielen ermordeten und verfolgten Juden.

Mittig Frau Hannah Monin, Tochter von Josef Franken

Ein weiterer Höhepunkt war die Übergabe eines Gebetsteppichs aus dem Besitz von Albert Franken an Hannah Monin, Tochter Daphna Arditi und Yossi Meiri. Kurz vor der Deportation 1938 hatte Albert Franken den Teppich seinem Freund und Bekannten Robert Gummersbach zur Aufbewahrung in treue Hände übergeben. Gummersbach führte zu dieser Zeit gegenüber dem Patrizierhaus (altes Rathaus in Bedburg) eine Drogerie und ein gemischtes Warengeschäft am Marktplatz. Die Nachkommen von Robert Gummersbach haben den Gebetsteppich gut aufbewahrt und vor den Nazis versteckt und damit zurückbehalten. Gerührt nahmen Hannah Monin und Yossi Meiri den gut erhaltenen Gebetsteppich in Empfang.

Der aufbewahrte Gebetsteppich

Gefühlvoll berichtete Frank Gummersbach (Urenkel) die Ereignisse der Deportation der Familie Franken nach der Kristallnacht. Er entschuldigte sich bei den jüdischen Delegierten eindrucksvoll über das damalige „Schweigen“ der deutschen Mitbürger, das so etwas nie und nimmer wieder passieren darf.

Zum Ausklang der Feierlichkeiten vollbrachte das israelische Tanzensemble ein Feuerwerk vieler choreographisch abgestimmter Tänze in bunten, wechselnden Kostümen. Die Zuschauer im Rittersaal des Bedburger Schlosses waren begeistert. Es wurde der Wunsch geäußert, einen Gegenbesuch in Pardes Hanna-Karkur in Bälde zu machen.


Tanzgruppe Hora Aviv im Schloss.


© 2022 Bilder und Videos von Konrad Bludau